Haßfurter Tagblatt – 18.03.2013 – Sabine Meissner
„… und grüßen Sie mir mein Frankenland“, sagte Michael Ballhaus, als er auf Bitten unserer Zeitung ein kurzes Statement zum Start seines aktuellen Kinofilms „3096 Tage“ gab.
„Ich möchte den jungen Menschen in den Haßbergen mitteilen, dass sie sich den Film unbedingt ansehen sollten. Ansehen, um nachzuempfinden, was es bedeutet, acht Jahre mit einem einzigen Menschen gefangen zu sein. Ansehen, um zu erkennen, dass Natascha die Kraft hatte, diese acht Jahre zu durchleben und eine Stärke zu gewinnen, die über die Macht dieses sie beherrschenden Menschen siegte. Sie befreite sich und sagte, sie sei kein Opfer.“
Junge Menschen liegen Michael Ballhaus am Herzen. Nach seiner Rückkehr aus den USA, wo der Kameramann als „Director of Photography“ weltberühmt wurde, gab er einen Teil seines reichen Erfahrungsschatzes an den Nachwuchs des Film- und Fernsehgeschäftes weiter. Zuletzt war er dafür im April 2010 nach Zeil am Main gekommen, wo Kinobetreiber Bruno Schneyer im Filmtheater „Capitol“ den prominenten Lehrer mit Studenten des Studienganges Medienwirtschaft und Dozenten der FH Würzburg-Schweinfurt zusammen brachte.
Beeindruckt vom Zeiler Filmtheater hatte Ballhaus das Kino als „erhaltenswertes Kleinod“ bezeichnet. Seit letzten Donnerstag, nur wenige Tage nach dem Filmstart in Berlin, läuft hier Ballhaus‘ neuester Streifen. Gemeinsam mit seiner Frau, der Regisseurin Sherry Hormann („Wüstenblume“), hat er das Entführungsdrama der Natascha Kampusch verfilmt. „3096 Tage“ beschreibt die Geschichte des Mädchens, das mit 10 Jahren entführt und mehr als acht Jahre, also 3096 Tage, in einem Kellerverlies gefangen gehalten wurde.
Ballhaus, der Mann, der in Hollywood Karriere gemacht hat, ist in den Haßbergen aufgewachsen. Seine fränkische Heimat hat er nie vergessen und bringt auch hier der Entwicklung junger Menschen besonderes Interesse entgegen. Seit Eröffnung des Haßfurter Mehrgenerationenhauses (MGH) vor fünf Jahren ist Michael Ballhaus Pate der Einrichtung und hilft mit seinem einflussreichen Namen einer guten Sache zu mehr Gehör und Erfolg. Im September 2011 besuchte er die Einrichtung des BRK und machte sich an Ort und Stelle ein Bild.
Michael Ballhaus gilt als Deutschlands erfolgreichster Kameramann. In den 70-er Jahren drehte er mehrere Filme mit Rainer Werner Fassbinder. Danach startete er seine internationale Karriere in Hollywood mit bekannten Regisseuren wie Martin Scorsese oder Francis Ford Coppola.
2007 verkündete Ballhaus seinen Rückzug aus dem internationalen Geschäft und Hollywood. Er rief das Ballhaus-Projekt ins Leben, eine Initiative zum Klimaschutz, die zum sparsamen Umgang mit Energie aufruft. Er übernahm ab 2009 Lehraufträge und die Fachbereichsleitung Kamera für den Master-Studiengang an der Hochschule für Fernsehen und Film München.
Um den Beruf des „Director of Photography“ weiter zu stärken, fördert er mit einer Stiftung Studierende der Fachrichtung Kamera an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin.
Stilvoll ist auch sein Wirken seit dem Rückzug vom Filmgeschäft. Viele Menschen in den Haßbergen kennen Ballhaus wegen seines dem Gemeinwohl dienenden Engagements. Bei allem Weltruhm hat er die Verbindung zur fränkischen Heimat nicht verloren. Gemeinsam mit seiner Schwester Ulla Ballhaus, die in Eichelsdorf lebt, hat er 2011 einen Film „Unser Franken“ gedreht und brachte dabei nicht nur sein professionelles „Kamera-Auge“, sondern ebenso den engen Bezug zur Region ein.
Am 28. Oktober 2011 heiratete Michael Ballhaus fünf Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau Helga die Regisseurin Sherry Horman („Wüstenblume“). Nachdem ihm 2011 der Vaterländische Verdienstorden verliehen wurde, erhielt Ballhaus im April 2012 beim Deutschen Filmpreis den Ehrenpreis für hervorragende Verdienste um den deutschen Film.
Gemeinsam mit Sherry Hormann drehte er in München den Kinofilm „3096 Tage“, benannt nach der Dauer von Kampuschs Gefangenschaft. Der Film kam am 28. Februar 2013 in Berlin in die Kinos. Hormann und Ballhaus setzten mit „3096 Tage“ das letzte Projekt des verstorbenen Produzenten Bernd Eichinger um.