
Rebekka Werner (21) aus Schloss Ditterswind an der „Herz-Wand“. (Foto: Ralf Namann)
Haßfurter Tagblatt – 22.10.2013 – Ralf Naumann
HASSFURT. Blumenwiesen wurden gemalt, ebenso Häuser oder Autos und Landschaften sowie schlichte und anspruchsvollere Muster. Die junge Maya Davey entschied sich für einen Vampir. Dabei mag die Grundschülerin aus Haßfurt die „Blutsauger“ eigentlich gar nicht. „Ich habe mir halt einfach etwas einfallen lassen.“ Aber das Wichtigste war eigentlich, dass die siebenjährige bei der Aktion „WIR, BUNT, GEMEINSAM“ ebenso großen Spaß hatte, wie ihre restliche Familie.
Ebenso wie ihre Eltern Peter und Kim Davey sowie Schwester Allyson entschied sich das Mädchen im Mehrgenerationenhaus (MGH) der Kreisstadt am Kirchweihsonntagnachmittag für die im Café Bistro „Offener Treff“ vom Fürther Kunsttherapeut Andreas Neunhoeffer angebotene Aktion, bei der mit wetterbeständigen und leuchtstarken Ölpastellkreiden kleine Holztafeln bemalt werden durften, die dann zu mehreren „Gitter-Mosaiken“ zusammengesetzt wurden. „Einfach schön“, lautete ihr Urteil. Und das von Vater Peter fiel ähnlich aus. „Ich finde das einfach eine gute Idee, dass Menschen, egal ob behindert oder nicht, gemeinsam aktiv werden“, fiel für den Kunstlehrer am Regiomontanusgymnasium die Stippvisite im MGH deshalb in die Kategorie „Pflichtbesuch.“ Für ihn wäre es „wichtig, dass alle zukünftig mehr Zeit miteinander verbringen.“ Dafür war die Veranstaltung sehr gut geeignet. „Kunst“, machte er deutlich, „verbindet auch. Und das ist sehr wichtig.“

Die Familie Davey, Vater Peter und Mutter Kim sowie die Kinder Maya und Allyson, hatten viel Spaß bei „WIR, BUNT, GEMEINSAM“. „Kunst verbindet auch. Und das ist sehr wichtig“, sagte Peter Davey. (Foto: Ralf Naumann)
Konzentriert bei der Arbeit waren ebenso Denise Benischek und Renate Lenitschek von der Außengruppe Hofheim der Rummelberger Dienste. „Das finden wir ich einfach schön“, waren die beiden Frauen schnell einer Meinung, ehe sie sich gleich wieder intensiv ihren Täfelchen widmeten, auf denen ein Meer sowie einfach nur ein Haus entstanden. „Die Teilnehmer können einfach mit den Farben spielen und sie mischen, ohne dass etwas passiert. Das ist hier das Wichtigste“, machte Neunhoeffer, Dozent an der Akademie Faber Castell deutlich. Für ihn persönlich war die Aktion äußerst gelungen. „Ich finde es ganz toll, Menschen zusammenzubringen und einfach Farbe zu zeigen“, sagte er. „Ja, wir sind bunt“, betonte er. Die Arbeit mit Menschen mit Handicap, die für ihn nichts Neues ist, bereitete ihm wieder viel Spaß. „Sie sind unvoreingenommener als viele andere Menschen, die an ihren eigenen Ideen scheitern und gehen ungezwungener an Aufgaben heran. Das macht es oftmals einfacher.“

Zu mehreren Mosaiken wurden die bemalten Holztäfelchen zusammengebracht. Sie sollen nun in den verschiedenen Einrichtungen aufgestellt werden.
Die Resonanz an dem verregneten Sonntagnachmittag war wirklich beeindruckend. Im Café Bistro gab es zeitweise keinen freien Platz mehr. Und auch im Dachgeschoss, in dem Hannelore Heider angesichts des Themas „Herz“ viele verschiedene Herzen für ein Gesamtkunstwerk gestalten ließ und damit Jung und Alt begeisterte, ging es sehr eng zu. „Das ist sehr wichtig, gleichzeitig wunderschön und es macht viel Spaß“, war der Künstlerin aus Ebelsbach die Freude förmlich anzusehen. Für sie ist es „ganz wichtig“, entspannende Situationen zu schaffen, auf die Menschen einzugehen und ein gutes Verhältnis aufzubauen. Die Arbeit mit behinderten Menschen bezeichnete sie ebenso wie Andreas Neunhoeffer als „sehr wertvoll.“

Auf große Resonanz stieß der Impulsvortrag mit dem Filmanimator und Motivator Michael Herold (links). „Wirkliche Hindernisse gibt es eigentlich nur in unserer Vorstellung“, lautete seine Kernaussage. (Foto: Ralf Naumann)
Mit seinem charismatischen Auftreten begeisterte zu guter Letzt der Würzburger Michael Herold viele Zuhörer, die teilweise bis zu 100 Kilometer angereist waren, im Raum der Begegnung des Stadthauses der Lebenshilfe Haßberge. Dank lustiger, aber auch tiefgreifender Geschichten aus seinem Leben mit Behinderung, sorgte der 34-jährige Filmemacher und angehende Autor zum einen für viele Lacher, regte auf der anderen Seite auch zum Nachdenken an. Dabei erzählte Herold, der seit seiner Geburt an Muskelschwund leidet, wie er gelernt hat, aus seiner „größten Schwäche“ Kraft zu schöpfen und sie zu seiner hervorstechendsten Stärke zu machen. Er lud mit seinen persönlichen Anekdoten zum Umdenken ein und inspirierte mit leicht verständlichen und nachvollziehbaren Anleitungen das Publikum dazu, selbst ihren Träumen zu folgen und diese in die Tat umzusetzen. Die Kernaussage seines Vortrages: „Wirkliche Hindernisse gibt es eigentlich nur in unserer Vorstellung.“ Nach anschließender Diskussion mit dem Publikum war klar, dass diese Nachricht wohl auch in vielen Köpfen angekommen ist.
Das Hauptziel, den gemeinsamen Abbau von Barrieren und Berührungsängste aller Beteiligten in ungezwungener und herzlicher Atmosphäre zumindest ein Stück voranzutreiben, ist bei der Premiere von „WIR, BUNT, GEMEINSAM“ erreicht worden. „Wenn Menschen die gleiche Idee verfolgen und auf Augenhöhe zusammen arbeiten, kann mit einfachen und interessanten Mitteln ein Tag wie dieser erfolgreich gestaltet werden“, freute sich MGH-Leiterin Gudrun Greger. Die vielen Familien, die gekommen sind, hätten „gezeigt, dass ein gelebtes Miteinander auf einfache Art und Weise möglich ist“, betonte Greger und fügte hinzu: „Alle Akteure dieser Aktion stellen ein riesiges Potenzial dar, zur Umsetzung des wirklichen inklusiven Gedankens.“
Links zum Thema:
→ Fotostrecke „WIR – BUNT – GEMEINSAM“
→ Presseartikel „Aktionstag WIR – BUNT – GEMEINSAM für Inklusion“ (11.10.2013)