Die Außenstelle des Mehrgenerationenhauses in Ebern muss schließen. Das BRK beklagt fehlende Unterstützung durch die Stadt und kann die Kosten nicht alleine stemmen.
PRESSEMITTEILUNG
aus dem BRK Kreisverband Haßberge
05.07.2016 – Michael Will
EBERN – Die Außenstelle Ebern des Mehrgenerationenhauses muss geschlossen werden. Das teilt der BRK-Kreisverband Haßberge, der die Einrichtung seit Mai 2014 betreibt, in einer Pressemitteilung mit. Grund dafür sei die fehlende finanzielle Unterstützung durch die Stadt Ebern. Sowohl das BRK als auch der Landkreis hätten sich für das Jahr 2016 mit je einem Drittel an den Gesamtkosten in Höhe von 39.100 Euro beteiligt. Die Stadt Ebern allerdings lehnte eine finanzielle Beteiligung ab. Zwischenzeitlich hatte der Landkreis seine finanzielle Zusage von der Mithilfe der Stadt Ebern abhängig gemacht.
Das Nein zur Mitfinanzierung durch die Stadt Ebern und die daraus resultierenden Konsequenzen bedauert BRK-Kreisgeschäftsführer Dieter Greger außerordentlich. Damit gehe der Stadt und seinen Bürgern ein breites Know-how des BRK in der Kinder‑, Familien- und Seniorenarbeit verloren. Gerade Ebern müsse sich für eine gute Demografie-Strategie breit aufstellen. „Da haben wir mit unserer Außenstelle im Rotkreuzhaus einen Beitrag geleistet“, betont Gudrun Greger, Leiterin des Mehrgenerationenhauses (MGH) Haßfurt. „Dies hätte für die Stadt Ebern und den Landkreis auch künftig einen erheblichen Mehrwert dargestellt und zusätzlich die Region gestärkt und attraktiver gemacht.“
Bereits 2015 hatte der Landkreis Haßberge den Wert der MGH-Außenstelle des Roten Kreuzes in Ebern erkannt und einen Zuschuss in Höhe von 10.600 Euro bewilligt. Einen weiteren Zuschuss in Höhe von 12.700 Euro für das Jahr 2016, der bereits im Haushaltsplan des Landkreises eingestellt war, hatte er aber von der Beteiligung der Stadt Ebern abhängig gemacht, informiert Dieter Greger. Allerdings habe der Eberner Bürgermeister keine Möglichkeit gesehen, einen Zuschuss zu gewähren und somit das Aus für die Außenstelle besiegelt. Ohne die kommunale Unterstützung könne die Einrichtung dauerhaft nicht weitergeführt werden.
Unverständlich ist für die BRK-Verantwortlichen das Verhalten von Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD), der seine Zusage zum Besuch des MGH in Ebern nie eingehalten habe.
Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass Lisa Geyer, die vor Ort für die Betreuung zuständig war, zusammen mit der aus Ebern stammenden freiwilligen Helferin Gisela Röder bei einem Gesprächstermin beim Bürgermeister die Angebote und Aktivitäten des MGH vorstellte.
Nach einer ersten Ablehnung der Bezuschussung durch den Finanz- und Hauptausschuss der Stadt Ebern Ende 2014 hatten Kreisgeschäftsführer Dieter Greger und BRK-Kreisvorsitzender Rudolf Handwerker nochmals bei Bürgermeister Hennemann vorgesprochen und angeboten, den Finanzierungsplan dahingehend zu überarbeiten, dass sich die Kosten für die Stadt Ebern reduzieren. „Außerdem wollte das Team des MGH die Angebote und Aktivitäten in einer Stadtratssitzung oder im Finanz- und Hauptausschuss vorstellen“, sagt Lisa Geyer. „Dies kam jedoch nie zustande.“ Aufgrund der ausbleibenden Unterstützung durch die Stadt Ebern sah sich die BRK-Kreisvorstandschaft nun gezwungen, die MGH-Außenstelle zu schließen.
Umso bedauerlicher ist das für Dieter Greger, da die Nutzerströme deutlich gemacht hätten, „dass der Raum Ebern diesen MGH-Stützpunkt braucht“. So sei beispielsweise der Baby- und Kleinkindtreff von Eltern aus Ebern in nur eineinhalb Jahren weit über 1000-mal aufgesucht worden. Für andere Angebote wie beispielsweise Elternbegleitung, Seniorenkreise und Pflegeberatung habe es daneben etwa weitere 1000 Nutzungen gegeben.
Weiterhin koordinierte die MGH-Außenstelle die Vermittlung und Begleitung von ehrenamtlichen Familien- und Bildungspaten. Darüber hinaus wurde nach Worten von Kreisgeschäftsführer Greger der Kontakt zu Schulen vor Ort aufgebaut und Unterstützung für eine Elternbegleitung in der Schule für bildungsferne Familien beziehungsweise Familien mit Migrationshintergrund angeboten. Des Weiteren sei zu Beginn des Jahres 2016 in der Grundschule in Ebern ein regelmäßiger Elterntreff eingerichtet worden, der in Kooperation mit der Schulleitung und der Jugendsozialarbeit an Schulen durch eine Fachkraft des MGH organisiert und moderiert wird.
Angebote der Bildungs- und Familienpatenschaften seien darüber hinaus eine Hilfe zur Unterstützung einer guten Flüchtlingsintegration, betont Greger. „Bildungspaten sind ein Schlüssel zur Unterstützung der immensen kommunalen Aufgaben bei der Bewältigung der Herausforderungen der Integration im Hinblick auf den schnellen Erwerb von deutscher Sprachkompetenz.“
Dass die MGH-Außenstelle von vielen Bürgern und Firmen aus Ebern und Umgebung hohe Akzeptanz erfahren habe, ist für Greger keine Frage. Das zeige ein zweckgebundenes Spendenaufkommen für das Jahr 2015 in Höhe von 4000 Euro und viele positive Rückmeldungen von Nutzern des BRK-Angebotes.
Bürgerschaftliches Engagement, familienunterstützende Dienstleistungen, Integration und Bildung sowie Angebote rund ums Thema Alter und Pflege waren Handlungsschwerpunkte der MGH-Außenstelle Ebern, unterstreicht Leiterin Gudrun Greger das Engagement des Roten Kreuzes. Sie bedauert die Entscheidung der Stadt, keine Zuschüsse zu gewähren, „da die Angebote sehr gut angenommen wurden und das MGH-Team auf ein breites und zukunftsorientiertes Fachwissen zurückgreifen kann und davon alle Partner vor Ort profitiert hätten“.
Wie gut die MGH-Außenstelle angenommen wurde, zeigt ein Blick auf die Teilnehmerzahl. So wurden nach Worten von Lisa Geyer im Jahr 2014 aus Ebern und Umgebung 567 gezählt. Im Jahr 2015 waren es bereits 1576. Alleine elf Baby- und Kleinkindertreffs hatten sich gebildet, die sich wöchentlich und monatlich trafen. Fünfmal wurde ein „Kinderhotel“ durchgeführt, sechsmal Kreativ-Samstage und der Strickkurs „Nadelzauber“ traf sich seit Februar 2015 wöchentlich. An bürgerschaftlichem, ehrenamtlichen Engagement wurden im vergangenen Jahr 411 Stunden gezählt. Vier Bürger hatten sogenannte Bildungs&syh;patenschaften für Kinder und Jugendliche übernommen und trafen sich ebenfalls wöchentlich in der MGH-Außenstelle mit ihren Schützlingen. Weitere Kooperationen und Veranstaltungen rundeten das Angebot ab.
Dass man seitens von Bürgermeister Jürgen Hennemann keinerlei Unterstützung zum Erhalt der MGH-Außenstelle erfahren habe, enttäuscht BRK-Kreisgeschäftsführer Dieter Greger.
Unter anderem seien Zusagen nicht eingehalten worden, an einer Stadtratssitzung teilnehmen zu dürfen, um die Gesamtsituation darzustellen. So hätten sich Stadträte der CSU nach Gesprächen überzeugt gezeigt, dass eine solche Einrichtung ein Zugewinn für die Eberner Bürger sei und hätten einen Antrag auf Aufnahme als Tagesordnungspunkt in einer Stadtratssitzung gestellt. Dies sei jedoch nie zustande gekommen. Ebenso sei es abgelehnt worden, Angebote des Mehrgenerationenhauses im Gemeindeblatt zu veröffentlichen, obwohl Nachrichten von anderen Institutionen dort abgedruckt würden.
Leidtragende der Schließung der Außenstelle sind die Bürger der Stadt Ebern und Umgebung, heißt es in der Pressemitteilung des BRK. Ihnen stünden weiterhin das Mehrgenerationenhaus Haßfurt und das Betreuungsnetzwerk für alle Generationen zur Verfügung, Auf ein Angebot direkt vor ihrer Haustür in Ebern müssten sie nunmehr verzichten. Die Stadt Ebern habe damit eine Möglichkeit zu mehr Bürgerfreundlichkeit verspielt.
Stichwort MGH-Außenstelle
Die Außenstelle des Mehrgenerationenhauses Ebern wurde nach Mitteilung des BRK im Mai 2014 eröffnet. „Es entstand auf Wunsch von einigen engagierten Eltern aus Ebern und Umgebung, die bis dahin Angebote im MGH Haßfurt nutzen“, erinnert sich Lisa Geyer. Aus den geführten Nutzerstatistiken im Haupthaus in Haßfurt sei erkannt worden, dass sehr viele Familien aus Ebern und Umgebung das MGH in Haßfurt besuchen und somit eindeutig ein Bedarf in Ebern gesehen wurde.
Ein Probebetrieb wurde vom damaligen 1. Bürgermeister Robert Herrmann (CSU) und dem Landkreis Haßberge zugestimmt und zunächst ein Baby- und Kleinkindtreff mit Elterncafé ins Leben gerufen. Nach und nach wurden weitere Angebote entwickelt und von der Bevölkerung gut angenommen. Das Rote Kreuz hatte von Anfang an die komplette Eigenmiete und alle Nebenkosten getragen, dennoch sei Zuschussbedarf notwendig gewesen.
Links zum Thema:
→ Artikelliste: Meldungen und Neuigkeiten aus der MGH-Außenstelle Ebern
→ Leserbrief: „Direkter Zugang zum Nötigsten abgeschnitten!“ (Wolf Dieter Schlapka)