Künstliche Intelligenz für »Oma« und »Opa«

Das Mehrgenerationenhaus in Haßfurt macht Senioren fit für die Zukunft

P R E S S E B E R I C H T – 02.05.2024 – Pe­ter Schmieder

Mo­der­ne Ge­rä­te wie Sprach­as­sis­ten­ten kön­nen äl­te­ren Men­schen das Le­ben er­leich­tern. Doch oft müs­sen sie da­für erst ein­mal Be­rüh­rungs­ängs­te überwinden.

Foto: René Ruprecht (Archivfoto) | Im Haßfurter Mehrgenerationenhaus erhalten Seniorinnen und Senioren Hilfe im Umgang mit Smartphones und vielen weiteren Geräten der digitalen Welt.

Wer­ner Bur­ger ist über­zeugt: Smart Home ist im Kom­men.“ Des­halb sitzt der Knetz­gau­er am Mon­tag­vor­mit­tag im Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus (MGH) in Haß­furt. Er ent­stammt ei­ner Ge­ne­ra­ti­on, die nicht mit Han­dys und In­ter­net auf­ge­wach­sen ist. Ei­ner Ge­ne­ra­ti­on, die sich oft schwer­tut da­mit, sich in fort­ge­schrit­te­nem Al­ter noch in die mo­der­ne Tech­nik hin­ein zu fuch­sen. Das In­ter­es­se ist schon da, aber al­lei­ne traut man sich nicht, was aus­zu­pro­bie­ren“, schil­dert Ju­lia Ster­lings, stell­ver­tre­ten­de Koordinatorin
des Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­hau­ses, das Pro­blem. Hier will die Ein­rich­tung dazu bei­tra­gen, Be­rüh­rungs­ängs­te abzubauen.

Förderung durch das Bundesfamilienministerium

Seit Mai 2023 darf sich das MGH in Haß­furt of­fi­zi­ell KI-Lern­ort im Pro­jekt KI für ein gu­tes Al­tern“ nen­nen. Die­ses wur­de von der Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft der Se­nio­ren­or­ga­ni­sa­tio­nen (BAGSO) ins Le­ben ge­ru­fen. Der vom Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­ri­um ge­för­der­te Ver­ein will mit dem Pro­jekt dazu bei­tra­gen, dass äl­te­re Men­schen sich in ak­tu­el­len Dis­kus­sio­nen über ChatGPT, Mus­ter­er­ken­nung oder selbst­ler­nen­de Al­go­rith­men ak­tiv ein­brin­gen kön­nen, und da­für sor­gen, dass sie in For­schung und Ent­wick­lung von KI-Sys­te­men stär­ker wahr­ge­nom­men und be­rück­sich­tigt wer­den“, heißt es auf der In­ter­net­sei­te der BAGSO.

 Foto: Peter Schmieder | Das Mehrgenerationenhaus in Haßfurt ist einer von 42 KI-Lernorten. In der Rentenschmiede experimentiert Besucher Werner Burger (Zweiter von links) mit einem Sprachassistenten.
Foto: Pe­ter Schmie­der | Das Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus in Haß­furt ist ei­ner von 42 KI-Lern­or­ten. In der Ren­ten­schmie­de ex­pe­ri­men­tiert Be­su­cher Wer­ner Bur­ger (Zwei­ter von links) mit ei­nem Sprachassistenten. 

Das Haß­fur­ter Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus ist ei­ner von deutsch­land­weit 42 Stand­or­ten, die den Ti­tel als Lern­ort für Künst­li­che In­tel­li­genz tra­gen dür­fen. Das be­deu­tet, dass die BAGSO die Ein­rich­tung nun da­bei un­ter­stützt, ih­ren Be­su­che­rin­nen und Be­su­chern Wis­sen und Fä­hig­kei­ten im Um­gang mit KI-Ge­rä­ten zu vermitteln.

KI-Kenner bieten Eins-zu-eins-Beratung

So gab es Work­shops, in de­nen acht Haupt- und Eh­ren­amt­li­che des MGH sich als so­ge­nann­te KI-Ken­ne­rin­nen und ‑Ken­ner qua­li­fi­zie­ren konn­ten. Die­se Work­shops fan­den on­line statt, das Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus bot sei­nen Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern aber an, in den Räum­lich­kei­ten der Ein­rich­tung am Haß­fur­ter Markt­platz ge­mein­sam dar­an teilzunehmen.

Ei­ner die­ser KI-Ken­ner ist Rü­di­ger Den­nin­ger. Er hat da­mit die Auf­ga­be über­nom­men, äl­te­ren Be­su­che­rin­nen und Be­su­chern des MGH auf­zu­zei­gen, wel­che Er­leich­te­run­gen Künst­li­che In­tel­li­genz für ihr Le­ben brin­gen kann, wie sie die be­tref­fen­den Ge­rä­te be­die­nen kön­nen, aber auch, wel­che Ge­fah­ren dar­in lie­gen. Wir bie­ten Eins-zu-eins-Be­ra­tung“, sagt er. Man ver­sucht, den Leu­ten zu helfen.“

Ausprobieren ist wichtig: Senioren können mit Leihgeräten experimentieren

Ne­ben den Work­shops, in de­nen die KI-Ken­ne­rin­nen und ‑Ken­ner aus­ge­bil­det wer­den, bie­tet die BAGSO den Stand­or­ten noch wei­te­re Un­ter­stüt­zung, wenn es dar­um geht, äl­te­re Men­schen an mo­der­ne Tech­nik her­an­zu­füh­ren. So stellt der Ver­ein un­ter an­de­rem Ge­rä­te zur Ver­fü­gung, die die lern­wil­li­gen äl­te­ren Men­schen aus­pro­bie­ren oder aus­lei­hen kön­nen. Vom Smart­phone über Sprach­as­sis­ten­ten wie Ale­xa bis hin zu Haus­tier­ro­bo­tern: Im Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus ha­ben die In­ter­es­sier­ten nun die Mög­lich­keit, die­se Ge­rä­te selbst in die Hand zu neh­men und sich ihre Be­die­nung er­klä­ren zu lassen.

Foto: Peter Schmieder | Haustierroboter wie diese Katze werden als Gefährten eingesetzt, die gerade älteren Menschen gegen das Gefühl von Vereinsamung helfen sollen.
Foto: Pe­ter Schmie­der | Haus­tier­ro­bo­ter wie die­se Kat­ze wer­den als Ge­fähr­ten ein­ge­setzt, die ge­ra­de äl­te­ren Men­schen ge­gen das Ge­fühl von Ver­ein­sa­mung hel­fen sollen. 

Nütz­lich sei auch die Ver­net­zung mit den an­de­ren Stand­or­ten, die durch das Pro­jekt ent­ste­he, be­rich­tet Ju­lia Ster­lings vom MGH. Man kann sich mit den an­de­ren Lern­or­ten aus­tau­schen und über Er­fah­run­gen sprechen.“

Erste Erfahrungen mit Sprachassistenten: Man muss ja nur reinsprechen“

Die Zahl an An­ge­bo­ten der Ein­rich­tung, mit de­nen die Se­nio­rin­nen und Se­nio­ren et­was über den rich­ti­gen Um­gang mit KI-Ge­rä­ten ler­nen kön­nen, ist viel­fäl­tig. Die ent­spre­chen­den The­men wur­den in ver­schie­de­ne be­reits vor­her be­stehen­de Ver­an­stal­tungs­rei­hen in­te­griert, wie bei­spiels­wei­se das Di­gi­tal-Café oder die Ren­ten­schmie­de. Dort gab es schon Vor­trä­ge von Ex­per­tin­nen und Ex­per­ten zu Künst­li­cher In­tel­li­genz, so­wie die Mög­lich­keit, ge­mein­sam die Ge­rä­te auszuprobieren.

Teil­neh­mer Wer­ner Bur­ger ist bei der Ren­ten­schmie­de un­ter an­de­rem be­geis­tert von den Mög­lich­kei­ten, die ihm der Sprach­as­sis­tent er­öff­net. Ich hät­te nicht ge­dacht, dass das so ein­fach ist“, sagt er. Man muss ja nur rein­spre­chen.“ Und ihm ge­fällt die Art, wie das Team des MGH die In­hal­te ver­mit­telt, bei­spiels­wei­se im Ver­gleich zu Kur­sen an der Volks­hoch­schu­le (Vhs).

Kein Kurs mit festem Lehr- oder Zeitplan

Ein Kurs an der Vhs ist gut für Leu­te mit Vor­bil­dung“, meint er. Doch vie­le Se­nio­rin­nen und Se­nio­ren, die et­was über die mo­der­ne Tech­nik ler­nen wol­len, wä­ren in ei­nem durch­or­ga­ni­sier­ten Kurs, der ei­nen Plan ein­hal­ten muss, über­for­dert, fin­det er. Ganz an­de­res sei das beim Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus, das sich für alle Teil­neh­men­den Zeit neh­men kön­ne. Hier könn­ten alle in ih­rem ei­ge­nen Tem­po ler­nen, was sie in­ter­es­siert. Man kann kom­men, so oft man möch­te. Bis man sagt: Ich füh­le mich si­cher da­mit“, sagt Chris­ti­na Rai­thel von der Zu­kunfts­werk­statt Di­gi­ta­li­sie­rung am MGH.

Ziel sei bei al­len Pro­gram­men, in de­nen KI-Wis­sen ver­mit­telt wird, die Men­schen so nied­rig­schwel­lig wie mög­lich an die The­men her­an­zu­füh­ren. Wich­tig ist: Sie sol­len es aus­pro­bie­ren kön­nen“, sagt Rai­thel. Ge­ra­de des­halb sei­en die Ge­rä­te so wich­tig, die das MGH zur Ver­fü­gung ge­stellt be­kom­men hat. Die Leu­te kön­nen kom­men und fra­gen. Es ist im­mer je­mand da.“ Das gilt nicht nur, wenn ge­ra­de KI-the­ma­ti­sche Ver­an­stal­tun­gen statt­fin­den. Für Ein­zel­be­ra­tung gibt es auch die Me­di­en­sprech­stun­de, für die es meist recht kurz­fris­tig noch Ter­mi­ne gebe.

Wie Tierroboter gegen Vereinsamung im Alter helfen sollen

Beim Be­such un­se­res Re­por­ters in der Ren­ten­schmie­de steht ein Sprach­as­sis­tent auf dem Tisch. Die Teil­neh­men­den tes­ten un­ter an­de­rem, wie sie das Ge­rät Mu­sik ab­spie­len las­sen kön­nen. Auch zwei Haus­tier­ro­bo­ter – ein Hund und eine Kat­ze – sind an die­sem Tag da­bei. Die le­bens­gro­ßen Plüsch­tie­re ah­men ei­ni­ge Be­we­gun­gen ihre rea­len Vor­bil­der nach, kön­nen bei­spiels­wei­se den Kopf dre­hen, das Maul öff­nen oder den Schwanz be­we­gen. Un­ter an­de­rem in Pfle­ge­ein­rich­tun­gen kom­men sie zum Ein­satz, als Be­glei­ter, die Men­schen vor dem Ge­fühl der Ver­ein­sa­mung be­wah­ren sollen.

So ler­nen die Be­su­che­rin­nen und Be­su­cher der Ren­ten­schmie­de ver­schie­de­ne Be­rei­che ken­nen, in de­nen Künst­li­che In­tel­li­genz zum Ein­satz kommt. Eine Wo­che frü­her, so be­rich­tet Ju­lia Ster­lings vom MGH, ha­ben sie zu­sam­men Ku­chen ge­ba­cken, um zu zei­gen, wie sich im In­ter­net Re­zep­te fin­den las­sen. Eine an­de­re KI-An­wen­dung ist Teil­neh­me­rin Agnes Nies­ner aus Fat­schen­brunn be­son­ders in Er­in­ne­rung ge­blie­ben: Eine App zur Pflan­zen­be­stim­mung, die sie vor ei­ni­gen Wo­chen in der Haß­fur­ter Pro­me­na­de aus­pro­bie­ren konnten.

MGH-Team will ältere Menschen mitnehmen in die digitale Zeit“

Ich fin­de das su­per, dass wir uns im­mer mehr ent­wi­ckeln zum Vor­teil der Men­schen“, sagt Gün­ther Bald aus Haß­furt, ein wei­te­rer Teil­neh­mer der Ren­ten­schmie­de. Al­ler­dings hat er auch Angst da­vor, was mit der mo­der­nen Tech­nik al­les mög­lich sein könn­te. Ich sehe es weit­ge­hend po­si­tiv, aber man darf es nicht missbrauchen.“

So sagt auch Han­nah Bau­nacher, die als dua­le Stu­den­tin zum Team des Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­hau­ses ge­hört: Ängs­te und Vor­be­hal­te sind da, aber wir sa­gen: Wir schaf­fen das, die Leu­te mit­zu­neh­men in die di­gi­ta­le Zeit. Wich­tig ist, dass sie nicht ab­ge­hängt werden.“


In der Pres­se erschienen:
⊕ „ Künst­li­che In­tel­li­genz für Oma und Opa‘“ (Haß­fur­ter Tag­blatt / Main­post, 02.05.2024)


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