inFranken.de / Fränkischer Tag, 22.05.2012 – Sabine Weinbeer
Diskussion.
Bürgerbusse, Ehrenamtsbörsen, Lieferdienste – das Thema „Generationenfreundliches Einkaufen“ war am Montag der Einstieg in eine Diskussion über viele Bereiche der Kommunalpolitik im Mehrgenerationenhaus in Haßfurt. Bürgermeister, Stadt- und Gemeinderäte, Seniorenbeauftragte und Interessierte kamen.
Die stellvertretende Kreisvorsitzende der Wählergemeinschaft (WG) Haßberge, Sabine Weinbeer, freute sich über das Interesse an dem Thema, das bei weitem nicht „nur“ die Einzelhändler betrifft, sondern für viele Kommunen eine Herausforderung ist. „Denn am generationenfreundlichsten ist immer noch der Laden oder Markt, der auf kurzem Weg zu erreichen ist“, so die Gemeinde- und Kreisrätin.
Seit sieben Jahren beschäftigt sich der Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Fahn mit dem Thema „Generationenfreundliches Einkaufen“, das mittlerweile viele Facetten gewonnen hat, denn eigentlich geht es um die generationenfreundliche Kommune. Die Nahversorgung der Bevölkerung ist dabei ein ganz wesentlicher Baustein.
Zertifikat für Generationenfreundlichkeit
Deshalb unterstützt Fahn gemeinsam mit der Landtagsfraktion die Zertifizierung von Einkaufsmärkten durch den Handelsverband. Jürgen Mück, Rewe-Marktbetreiber in Haßfurt, und seine beiden Kollegen in Sand und Ebelsbach sind die ersten, die sich um dieses Zertifikat bemühten, die „Tester“ waren bereits in den Märkten. Dabei geht es um ganz wesentliche Kriterien wie die Barrierefreiheit, niedrige Regale, breite Gänge, gut lesbare Preisschilder, qualifiziertes Personal und Leselupen. Sonderpunkte kann aber auch sammeln, wer kreativ ist.
„Neubauten tun sich dabei natürlich leichter“, so Jürgen Mück, doch sei auch der Einzelhändler gefordert, Ideen zu entwickeln, schließlich gehe es um junge Familien genauso wie um Senioren, die eine ständig wachsende Kundenschicht ausmachen. Der Markt müsse Begegnungsstätte sein, der auch die Bedürfnisse seiner Kunden nachfragt. So werde er ab dem Sommer einen Liefer- und Bringdienst anbieten. Das bedeutet, dass Kunden wie üblich im Markt einkaufen, und sich die Waren dann nach Hause liefern lassen. Wer nicht mehr in den Markt kommen kann, gibt eine Bestellung auf und wird ebenfalls beliefert.
Dieter Sauer ist am Landratsamt Haßberge zuständig für die Umsetzung des Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts, „das eigentlich ein Generationenkonzept ist, denn es gibt viele Überschneidungen mit den Themen Jugend und Familie“. Auch er stellte fest, dass der Einzelhandel eine Erlebniswelt sein müsse. Das stand auch im Mittelpunkt der Bemühungen um einen Dorfladen in Aidhausen, wie Bürgermeister Dieter Möhring erläuterte. „Hier findet Leben statt, Kindergartenkinder lernen einkaufen und junge Mütter haben einen Arbeitsplatz“, so seine positive Bilanz.
Wo und wie die Kommunalpolitik steuernd eingreifen kann, ja muss, wurde breit diskutiert. Einkaufsbusse gibt es bereits in einigen Kommunen im Kreis, Haßfurt arbeitet an einer Stadtlinie, wie die anwesenden Haßfurter Stadträte erklärten. Doch wurde auch festgestellt, dass eine echte Verbesserung der Mobilität im Kreis nur eine grundsätzliche Neuaufstellung des ÖPNV im Landkreis bringen würde.
Unverständnis zeigten viele Diskussionsteilnehmer für den Trend der Handelsketten, sich an bestimmten Orten zu konzentrieren, um dann nach wenigen Jahren weiter zu ziehen und Leerstände zu hinterlassen. Stadt- und Gemeinderäte seien aufgefordert, sich hier nicht zu Gehilfen einer Fehlentwicklung zu machen, auch wenn die Einwirkungsmöglichkeiten eingeschränkt sind.
Verbraucher sind gefordert
Genauso seien aber die Verbraucher gefordert, denn „ich habe das Gefühl, viele nehmen die Bedeutung ihres örtlichen Einzelhändlers erst wahr, wenn der zu macht“, so Sabine Weinbeer. Die gesetzlichen Vorgaben kritisierte Reiner Sidon. Während Discounter zwischen den Lebensmittelregalen Fahrräder, Blumendünger, Holzlasur und Gartenmöbel anbieten dürfen, seien Fachgeschäfte streng reglementiert. „Was meinen Sie, was passiert, wenn ich morgen eine Palette Butter in meinen Laden stelle“, fragte er in die Runde.
Die Diskussionsteilnehmer nahmen viele Anregungen mit und stellten fest, dass sich aus dem generationenfreundlichen Einkaufen viele weitere Arbeitsfelder ergeben, die aber von keiner der betroffenen Gruppen allein bearbeitet werden können.