Wenn der Papa zum Mädchen für alles wird

HT 14.09.2011 – Man­fred Wagner

Frank Bayer kümmert sich zwei Jahre lang um seine kleine Tochter

Wenn der Papa Mädchen für alles wird

In lo­cke­rer und fa­mi­li­en­freund­li­cher At­mo­sphä­re tref­fen sich je­den Mon­tag­vor­mit­tag im Haß­fur­ter Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus jun­ge Müt­ter und Vä­ter mit ih­ren Klein­kin­dern. Meis­tens ist auch Frank Bay­er mit sei­ner klei­nen Toch­ter Fio­na mit von der Partie.

Haß­furt. Vor we­ni­gen Jahr­zehn­ten noch hät­te man Frank Bay­er als ei­nen Exo­ten ein­ge­stuft und auch heu­te stellt er eine Aus­nah­me dar. Wäh­rend sei­ne Frau Re­gi­na ganz­tags ar­bei­tet und die Fa­mi­lie er­nährt, küm­mert sich der 35jährige um die ge­mein­sa­me Toch­ter Fio­na im zar­ten Al­ter von 15 Mo­na­ten und spielt im Haus­halt Mäd­chen für al­les. Wie geht es ihm damit?

Wir spre­chen mit dem Vor­zei­ge­va­ter im Baby- und Klein­kind­treff im Haß­fur­ter Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus (MGH). Hier tref­fen sich je­den Mon­tag­vor­mit­tag in ers­ter Li­nie jun­ge Müt­ter aus Haß­furt und dem Kreis mit ih­rem Nach­wuchs, der meist noch in den Win­deln steckt. Oft ist Frank der ein­zi­ge Va­ter in der Grup­pe. Ob­wohl die Müt­ter ihn voll ak­zep­tie­ren, wünscht er sich doch manch­mal männ­li­che Ver­stär­kung“.

Der ers­te Ge­burts­tag der klei­ne Fio­na ver­än­der­te für den ge­lern­ten Schrei­ner ei­ni­ges. Bis zu die­sem Zeit­punkt ar­bei­te­te er in ei­nem 70 km ent­fern­ten Be­trieb in Fröm­mers­dorf im Land­kreis Er­lan­gen-Höchstadt. Stres­si­ge Ar­beits­ta­ge, oft auf Mon­ta­ge, zo­gen sich zehn bis elf Stun­den lan­ge hin, dazu kam die wei­te An­fahrts­zeit. Prak­tisch nur am Wo­chen­en­de hat­te der frisch­ge­ba­cke­ne Va­ter Zeit für die Toch­ter. Glück­lich war er da­mit nicht.

In die­sem ers­ten Le­bens­jahr ver­sorg­te die Mut­ter in der ein­jäh­ri­gen Er­zie­hungs­zeit die Klei­ne. Dann kehr­te sie zu ih­rem Ar­beits­platz in die Frän­ki­sche nach Kö­nigs­berg zu­rück – und auf dem Va­ter liegt seit drei Mo­na­ten die gan­ze Last und Lust der Er­zie­hung. Fi­nan­zi­ell müs­sen sie mit dem klar­kom­men, was die Frau verdient.

Vom ur­sprüng­lich ge­plan­ten ge­mein­sa­men Früh­stück hat die jun­ge Fa­mi­lie schnell Ab­stand ge­nom­men, weil es beim Ab­schied von der Mama im­mer ein Mords-Tra­ra“ gab. Aber am Abend­tisch trifft man sich täg­lich und spricht über das, was man tags­über er­lebt hat. Das ku­sche­li­ge Ins-Bett-brin­gen mit aus­gie­bi­gen Strei­chel­ein­hei­ten über­nimmt die Mami. Das ge­nie­ßen alle Be­tei­lig­ten und der in­ti­men Mut­ter-Toch­ter-Be­zie­hung tut es auch gut.

Of­fen gibt Frank Bay­er zu, dass die Rea­li­tät sei­ne Vor­stel­lun­gen über den Er­zie­hungs-All­tag ge­hö­rig kor­ri­giert hat. Ein ge­plan­ter und ge­re­gel­ter Ta­ges­ab­lauf ist oft nicht drin. Manch­mal wird Fio­na um zehn Uhr vor­mit­tags müde und will schla­fen, manch­mal aber erst um zwölf, manch­mal schläft sie dann län­ger als zwei Stun­den und ein an­der­mal ist sie schon nach knapp ei­ner Stun­de wie­der quietsch fi­del“, er­zählt er aus dem Nähkästchen.

Da­zwi­schen er­le­digt er die Haus­ar­beit. Ko­chen, auf­räu­men, spü­len, keh­ren, staub­saugen, ab­wi­schen – der Haus­mann be­wun­dert in­zwi­schen die Haus­frau­en, die das al­les mit meh­re­ren Kin­dern auf die Rei­he krie­gen. Ob­wohl Fio­na fast im­mer ein ech­ter Won­ne­prop­pen ist, kann der sehr aus­ge­gli­chen wir­ken­de Papi schon mal in­ner­lich ge­nervt sein. Kin­der­er­zie­hung ist ein ech­ter Voll­zeit­job“, be­wer­tet er sei­ne Erfahrungen.

Be­reut hat der sport­li­che jun­ge Mann, der abends im Haß­fur­ter Volks­bil­dungs­werk Selbst­ver­tei­di­gungs­kur­se an­bie­tet, sei­ne Ent­schei­dung noch kei­ne Se­kun­de. Er will sei­ne Va­ter­schaft be­wusst ge­stal­ten. Bei dem Schrei­ner, der si­cher ei­nen gu­ten Päd­ago­gen ab­ge­ge­ben hät­te, do­mi­nie­ren die po­si­ti­ven Ge­füh­le. Er er­mu­tigt an­de­re Vä­ter – die sei­ne Ein­stel­lung tei­len – die­se groß­ar­ti­ge Chan­ce zu nutzen.

Fio­na ist flott auf den Bei­nen, ihr Wort­schatz be­steht aus Papa, Mama und Wau­wau und noch muss sie ge­wi­ckelt wer­den. Eine span­nen­de Ge­schich­te wird es, wenn sie mal lernt, sel­ber aufs Töpf­chen zu ge­hen. Wenn die Klei­ne sei­ne kör­per­li­che Nähe sucht, sich ver­trau­ens­voll und müde an ih­ren Papi an­schmiegt und ihr Köpf­chen selbst­ver­ges­sen auf sei­ne Brust sinkt, weiß Frank Bay­er, dass er al­les rich­tig ge­macht hat. Das sind Glücks­mo­men­te, die sich mit kei­nem Geld der Welt kau­fen lassen.

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