05.12.2012 – Christiane Reuther
HASSFURT – Die Lebenserwartung der Bevölkerung steigt an und damit auch die Wahrscheinlichkeit von Pflegebedürftigkeit. Irgendwann wird nahezu jede Familie von der Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen betroffen sein. Was tun, wenn ein Angehöriger pflegebedürftig wird, in ein Pflegeheim muss und die Rente nicht reicht, um die anfallenden Pflegekosten zu decken?
Da auch die Pflegeversicherung nur einen Teil der Kosten deckt, kann der finanzielle Aufwand für einen Aufenthalt in einem Pflegeheim oft nicht aus eigenen Mitteln gestemmt werden. Dieses Thema stand im Mittelpunkt des Vortrags der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) in Kooperation mit dem BRK mit Rechtsanwalt Steffen Vogel im Mehrgenerationenhaus in Haßfurt.
Dass das Thema auch im Landkreis mehr denn je aktuell ist, zeigt ein überfülltes Bistro im Mehrgenerationenhaus.
Der Referent ist als Rechtsanwalt in einer Kanzlei in Schweinfurt tätig und ist aufgrund seiner Arbeit mit der Problemstellung der Pflegeheimkosten bestens vertraut. Steffen Vogel stellte eingangs klar, dass zunächst der Pflegebedürftige selbst für die Kosten einer Heimunterbringung verantwortlich sei. Ein Heimplatz koste heutzutage ca. 3000 Euro pro Monat. Einen Teil davon übernimmt die Pflegekasse, je nach Einstufungen in die individuelle Pflegestufe. Bei Stufe drei werden von der Pflegekasse 1550 Euro monatlich gezahlt. Zur weiteren Finanzierung des Heimplatzes wird die Rente des Pflegebedürftigen in voller Höhe herangezogen. In der Praxis klafft am Ende oft eine monatliche Deckungslücke von 500 bis 800 Euro.
Steffen Vogel stellte klar, dass die Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber den pflegebedürftigen Eltern oft überschätzt werde. Im Gegensatz zur Unterhaltsverpflichtung gegenüber Ehepartnern und Kindern sähe die Unterhaltspflicht gegenüber Eltern eher bescheiden aus. Hier komme auch die Vorgabe des Gesetzgebers zum Tragen, dass Kinder durch Unterhaltsleistungen an ihre Eltern in ihrer Lebensführung nicht drastisch eingeschränkt werden dürften. Die Unterhaltszahlungen werden individuell berechnet und richten sich nach den Einkünften und Vermögen der Kinder. Als Einkommen würden jedem Kind mindestens 1500 Euro netto vollständig verbleiben. Vom überschießenden Betrag würde vom Bezirk Unterfranken als Sozialleistungsträger lediglich die Hälfte als Beteiligung eingefordert. Bei Ehepartnern beträgt der Freibetrag immerhin 2700 Euro netto, so Steffen Vogel.
Weiterhin sei es gängige Praxis, dass die ältere Generation ihren Besitz auf Kinder und Enkel übergebe. In diesem Zusammenhang warnte der Jurist eindringlich seine Zuhörer: „Unterschreiben Sie nichts ohne rechtliche Absicherung“. Dazu zähle beispielsweise die Eintragung eines lebenslangen Wohnrechtes. Schon oft habe er als Anwalt erleben müssen, dass sich beide Generationen plötzlich nicht mehr besonders gut verstehen. Da ist es von Vorteil, wenn beispielsweise ein Wohnrecht im Grundbuch eingetragen ist. Zu berücksichtigen sei dabei, dass der Bezirk als Träger der Sozialhilfe Schenkungen innerhalb von zehn Jahren zurückfordern könne. Steffen Vogel stellte weiter klar, dass Enkelkinder gegenüber den Großeltern nicht vom Bezirk zu Unterhaltsleistungen herangezogen werden.
Mit dem Vortrag hat der Jurist die zahlreich erschienenen Bürger für die Thematik sensibilisiert. Wer hinsichtlich einer Pflegebedürftigkeit im Alter schon früh entsprechende Vorkehrungen treffe, sei gut beraten und erspare seinen Angehörigen eventuell viel Ärger und Streit.